Bezahlbare und saubere Energie
Gesundheit und Wohlergehen
Maßnahmen zum Klimaschutz
Kein Hunger
Keine Armut
Nachhaltige Städte und Gemeinden
Nachhaltiger Konsum und Produktion
Koordinator: Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg - Institut für Angewandte Forschung (IAF)
Ansprechpartner: Prof. Dr. Stefan Pelz, Florian Empl
Adresse: Schadenweilerhof, 72108 Rottenburg a.N.
Tel.: +49 7472/951-235
E-Mail: pelz(at)hs-rottenburg.de
Projektpartner in Deutschland/Österreich:
- NOVIS GmbH
- AHT Gruppe, Overath
- Neyer Brainworks GmbH, Bludenz (Österreich)
- Novis GmbH, Tübingen
- CONA Entwicklungs- & Handelsgesellschaft m.b.H., Voitsdorf (Österreich)
Projektpartner in Ghana:
- University of Energy and Natural Resources (UENR), Sunyani, Ghana
- Oti Yeboah Complex Ltd.
- Abellon CleanEnergy Ghana Ltd.
- GreenWaterHut (NGO)
- Ghana Energy Commission
- Ghana Forestry Commission
Aufwertung lokaler Märkte durch Nutzung biogener Reststoffe
Ghana steht vor großen Herausforderungen im Energiesektor. Vor einigen Jahren waren Stromausfälle aufgrund sinkender Pegelstände an den Wasserkraftwerken die Regel. Derzeit gibt es ein Überangebot an Elektrizität durch importierte fossile Brennstoffe. Die Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR) und die Partneruniversität University of Energy and Natural Resources Sunyani (UENR) sowie weitere internationale Partner haben sich zum Ziel gesetzt, ein nachhaltiges Gegenmodell zu entwerfen: Für eine unabhängige und stabile Versorgung mit emissionsarmer Bioenergie wird ein regionaler Energiepark entwickelt und aufgebaut, der zudem die lokale Kreislaufwirtschaft unterstützt.
Problemstellung und Lösungsansatz
Ghanas Stromversorgung hat sich stark gewandelt. Während bisher vor allem regelmäßige Stromausfälle das hauptsächliche Problem darstellten, herrscht derzeit eine für das Land kostspielige Energieüberkapazität bei gleichzeitig bleibender Netzinstabilität. Dieses Problem resultiert aus den Folgen des Klimawandels: Sinkende Wasserpegel sorgen für eine sinkende Produktivität der Wasserkraftwerke, wie etwa dem Akosombo Damm, der alleine ca. 20% der im Land vorhandenen Produktionskapazität stellt. Als Reaktion schloss die Regierung langfristige Verträge über den Import fossiler Energieträger ab, welche die Energiepreise für die VerbraucherInnen in die Höhe treiben. Gleichzeitig rücken Pläne für eine nachhaltige Energieversorgung (beispielsweise der Renewable Energy Master Plan - REMP) sowie die Förderung entsprechender Projekte in den Hintergrund. Dabei verfügt das Land über ein enormes Potential erneuerbarer Energien, das mittel- und langfristig betrachtet für eine saubere, sichere und bezahlbare Energiebereitstellung genutzt werden muss.
In diesem Umfeld sucht das Projekt „Level-Up“ nachhaltige und innovative Lösungsansätze. Auf der Basis bisher ungenutzter agrar- und forstwirtschaftlicher Reststoffe wird mit einem Energiepark eine breite Palette an Produkten zur Verfügung gestellt. Neben der Stromerzeugung steht auch die Versorgung mit Kälte im Fokus. Diese ist, angesichts eines Stromverbrauch-Anteils von 60-80% durch Kompressionskältemaschinen in öffentlichen und Bürogebäuden, ein wesentlicher Punkt. Weiterer Kühlungsbedarf besteht in der Nahrungsmittelproduktion und in der Lagerhaltung zur Steigerung der lokalen Wertschöpfung. Zudem wird Kochgas in der geplanten Biogasanlage erzeugt, was das gesundheitsgefährdende Kochen auf offenen Holz-Feuerstellen vor allem in ländlichen Gebieten substituiert. Auch die lokalen Land- und Forstwirte und -wirtinnen werden profitieren: Aus den entstehenden Aschen, Biokohlen und Gärresten werden biologische Dünger erzeugt, wodurch lokale Nährstoffkreisläufe geschlossen und die Bodenqualität verbessert werden.
Der Level-Up Lösungsansatz
Die Besonderheiten des Projektansatzes liegen im Standort, der Vielfalt der Einsatzstoffe sowie Produkte, in der umfangreichen Begleitforschung und in einem modularen Technologiesystem. Letzteres ermöglicht die Übertragbarkeit, da flexibel auf unterschiedliche Standortbedingungen und Bedürfnisse reagiert werden kann.
Kombiniert werden am Campus der UENR in Sunyani eine solare Biomasse-Trocknungsanlage, ein Biomassevergaser mit angegliedertem Blockheizkraftwerk (BHKW) sowie eine Absorptionskältemaschine, die ihre Energie aus der Abwärme des BHKW bezieht. Die Kälte wird am Campus für Kühlketten der naturwissenschaftlichen Bereiche sowie der Universitätsklinik eingesetzt, der erzeugte Strom sorgt für eine stabile Netzversorgung des Uni-Campus. Eine zweite Prozesskette besteht aus einer Nassvergärungs-Biogasanlage, die mit einer Pflanzenkläranlage und einer parallel betriebenen Kompostierung verbunden wird. Das Biogas kann wahlweise als Alternative zu LPG oder Holz als Kochgas genutzt beziehungsweise dem BHKW zugeführt werden. Der Kompost wird mit den Reststoffen des Vergasungsprozesses, Aschen sowie Biokohle zu einem effektiven mineralisch-organischen Biodünger kombiniert. So entsteht ein in sich geschlossenes System im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, dessen Bausteine standortspezifisch neu kombiniert werden können.
Langfristige Perspektive
Neben der wissenschaftlichen Begleitung bei Konfiguration, Auslegung und Betrieb der Anlagen werden modulare Schulungsprogramme für die Betreibenden der Anlage vor Ort entwickelt. Die zukünftige Weiterführung wird durch die Überführung der Anlagen in ein private-public-partnership Betreibermodell ermöglicht.
Die Erreichung der Ziele wird durch die Zusammenarbeit international erfahrener Projektpartner sichergestellt. Das System ist hinsichtlich der Zusammensetzung seiner Komponenten einzigartig und kann an weiteren Standorten Westafrikas und darüber hinaus implementiert werden. Hierzu finden vor Ort Workshops für interessierte BetreiberInnen während der Laufzeit des Projekts statt.
Beitrag zu den globalen Nachhaltigkeitszielen
Das Projekt Level-Up trägt zur Erreichung zahlreicher Sustainable Development Goals (SDGs) bei:
- SDG 1: Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze, direkt im Energiepark und indirekt über die Bereitstellung von Rohstoffen aus Landwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft, Elektrizität, Dünger und Kühldienstleistungen (Nutzung z.B. durch lebensmittelverarbeitende Betriebe) sowie von Einkommen durch die Etablierung der Lieferketten für die Rohstoffe der Anlage.
- SDG 2: Bereitstellung von größeren Mengen an günstigen organischen und mineralischen Düngern, dadurch Steigerung der Produktivität und Förderung nachhaltiger Landwirtschaft.
- SDG 3: Als Alternative zum gesundheitsgefährdenden Kochen mit Holz wird Biogas bereitgestellt, das sauber und rückstandsfrei verbrennt.
- SDG 7: Aufbau eines anpassbaren, dezentralen und nachhaltigen Energieparks zur Bereitstellung von Elektrizität, Wärme und Kälte, der als Vorlage für den Transfer an andere Standorte dient.
- SDG 8: Schaffung von Arbeitsplätzen in den Wachstumsbereichen Abfallverwertung und Erneuerbare Energien, direkt im Park und indirekt bei (Reststoff-)Zulieferern nach dem Modell der Kreislaufwirtschaft.
- SDG 9: Bereitstellung von Energieinfrastruktur, die die Entstehung von verarbeitendem Gewerbe im direkten Umfeld ermöglicht und auch unabhängig von Netzzugang funktioniert. Großes Innovations- und Nachahmungspotenzial dank wissenschaftlicher Begleitung durch lokale Universität (UENR) und das internationale Konsortium.
- SDG 11: Beitrag zur zukunftsfähigen Abfallwirtschaft durch die energetische Verwertung von bisher ungenutzten biologischen Reststoffen, die zurzeit unter kritischen Bedingungen entsorgt werden.
- SDG 12: Ermöglichung von landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten durch Kühlkapazitäten, ohne energieintensive Kompressionskältemaschinen zu betreiben. Unterstützung der lokalen verarbeitenden Betriebe durch Schaffung von Mehrwert: Aus Abfall wird Wertstoff und Energie.
- SDG 13: Aufbau eines Leuchtturmprojekts zur Energieerzeugung mit dem Anspruch klimaneutral zu arbeiten und, durch die Einbringung von Biokohle in landwirtschaftliche Prozesse, eine Kohlenstoffsenke darzustellen. Durch die Übertragbarkeit des Baukastensystems zudem Multiplikation dieser Effekte erhofft. Erhebliche Substitution fossiler Energieträger (Dieselaggregate).
- SDG 15: Durch Produktivitätssteigerung land- und forstwirtschaftlicher Flächen und das Angebot von Alternativen für Brennholz (Kochgas) können zukünftige Waldrodungen vermieden werden.
- SDG 17: Umsetzung des Projekts in einer starken Partnerschaft mit internationalen Unternehmen, Forschungsinstitutionen und beteiligten Unternehmen und Institutionen vor Ort.